Am 18. Spieltag traf im Spiel des Tabellenführers gegen formstarke Wiesbadener die beste Offensive (SCP- 43 Tore) auf die sicherste Defensive (SVWW- 11 Gegentore) der 3. Liga. Im folgenden Spiel konnte sich allerdings nur letztere auszeichnen, während der Paderborner Angriff blass blieb.
Mannschaftaufstellungen

Paderborn startete aus einer 4-3-3/4-1-4-1 – Grundordnung, während Wehen in seiner gewohnten 4-4-2 – Aufstellung begann. Die Formationen gestalteten sich im Wesentlichen symmetrisch, im Laufe des Spiels fand sich lediglich Antwi-Adjei in seiner Freirolle überall im Angriffsdrittel. Des Weiteren blieb Herzenbruch häufiger zurück als sein Pendant Boeder, dieser Aspekt wird noch gesondert betrachtet.
Aufbau Paderborn, Pressing Wiesbaden

Paderborns Innenverteidiger fächerten im Aufbauspiel weit auf, fielen bei Abstößen sogar auf Strafraumhöhe in eine Torwartkette zurück. Wehen presste in den ersten Spielminuten, vor allem in Person der Flügelspieler aggressiv bis auf die Innenverteidiger. Durch Chipbälle von Zingerle konnte allerdings der geöffnete Außenverteidiger (vgl. Abbildung 2) angespielt werden, sobald ein Flügelstürmer ins Pressing geht. Da dieser Spielzug einige Male gelang, zog sich Wehen in der Folge in ein stabileres, wenn auch immer noch hohes Mittelfeldpressing zurück.

Dieses zeichnete sich durch starke Mannorientierungen aus. So orientierten sich die beiden Stürmer an den Paderborner Innenverteidigern und liefen den Ballführenden jeweils an, während der ballferne Stürmer Krauße deckte. Die Flügelspieler blieben nah an den Außenverteidigern, Wehens Sechser deckten die Achter. Paderborn versuchte weiterhin Fortschritt über Chipbälle auf, die Außen zu erreichen, genauer gesagt durch Anspiele auf die Flügelspieler, welche sich im Raum zwischen Wiesbadens Außenstürmern und -Verteidigern anboten.
Im Vergleich zur anfänglichen Variante ergaben sich dabei einige Probleme, zum einen ist der Ball schlichtweg länger unterwegs, die Abwehr hat somit mehr Zeit, sich einzustellen, zum anderen lässt sich der Empfänger im Dreieck aus Außenstürmer, -Verteidiger und Sechser komfortabel unter Druck setzen. Für diese schwierige Ausgangslage ist Thomas Bertels unglücklicherweise der wohl schlechteste Spieler auf dem Platz. Während er aus der Tiefe gut Dynamik entwickeln kann, waren schnelle Ballannahme und -Verarbeitung noch nie seine Stärke. Die meisten Angriffe verpufften entsprechend in der intensiven Verteidigung des SVWW. Nach ca. 20 Minuten ergab sich beim SCP eine weitere Anpassung:

Herzenbruch verblieb ab der 20. Minute im Aufbau deutlich tiefer und zentraler als Boeder auf der anderen Seite. Diawusie wurde damit hochgezogen, blieb aber recht passiv im Anlaufen. Der Bertels zur Verfügung stehende Raum wurde dadurch vergrößert, was seine Erfolgschancen erheblich steigerte. Durch die entstandene Raute wurde der Passweg auf Krauße verfügbar, zudem konnte Schonlau an den gegnerischen Stürmern vorbei andribbeln. Dies sorgte dafür, dass sich Paderborn einige Male herausspielen konnte. Gerade nach den Gegentoren hätten Pässe in die Mitte aber noch viel mehr fokussiert werden können und sollen. Stattdessen spielte der SCP in Rückstand zunehmend um den Block herum, ohne wirklich eine Bedrohung darzustellen. Im Spiel von außen in die Mitte liefen die Spieler sich oftmals gegenseitig die Räume zu und standen wie eine Jugendmannschaft im Pulk zu eng geballt. Andernfalls wurden Pässe direkt lang auf Michel gespielt. Da die Achter sich zu tief bewegten fehlten ihm allerdings die Anspieloptionen.
Abgesehen davon war die bereits angedeutete Freirolle von „Jimmy“ Antwi-Adjei, der sich hinter der Mittelfeldlinie überall bewegte, dabei aber sehr ineffizient in seinen Positionierungen blieb, sowie einige Bewegungen von Wassey, in denen er sich für Halbfeldfalnken auf die Außenbahn begab, sehr interessant.
Wehen in Ballbesitz: Lange Bälle und Diawusie

Die Grundlage des diesjährigen Erfolgs des SC Paderborn ist das hochintensive und gut abgestimmte Angriffspressing, mit dem in der 3. Liga nur wenige Mannschaften klar kommen. In dieser Partie gestaltete es sich wie folgt: Michel lief den ballführenden Innenverteidiger bogenförmig von außen an. Damit erzwang er einen Pass auf den anderen IV, der wiederum vom ballnahen Paderborner Achter im Vollsprint angelaufen wurde. Falls ein Sechser als Anspielstation zurückfällt, wird er vom zuvor ballfernen Paderborner Achter verfolgt. Die Flügelstürmer bleiben dabei etwas tiefer und belauern Anspiele auf die Außenverteidiger. Die potenziell geöffnete Mitte wird im Alleingang vom omnipräsenten Robin Krauße abgedeckt. Gerade dieser Punkt kann eine Schwachstelle sein, in der gesamten Saison gelang es allerdings keiner Mannschaft stabil in diese Räume zu eröffnen.
Wehen wählte einen pragmatischen Weg gegen dieses System. So wurde das Agriffspressing simpel mit langen Bällen vor die Paderborner Innen- oder hinter die Außenverteidiger, insbesondere Herzenbruch, gespielt. In beiden Szenarien konnte der SVWW eine individuelle Stärke ausspielen: in der Mitte kann sich das Sturmduo bei hohen Bällen gut behaupten, diese verlängern, oder ins offene Mittelfeld (siehe oben!) ablegen. Auf der rechten Seite findet sich mit dem aus Leipzig geliehenen Diawusie ein typischer RB-Spieler: jung, talentiert und vor allem verdammt schnell.
Diese Geschwindigkeit machte sich im Führungstreffer bezahlt: nach einer Paderborner Ecke spekulieren zu viele Angreifer auf die folgende Flanke von Herzenbruch, der Rückraum wird geöffnet. In eben diesen wird der Ball geköpft, Andrist spielt volley aus der Drehung einen herausragenden Pass in den Lauf von Diawusie, welcher Herzenbruch davonsprintet und für den mitgelaufenen Andrist auflegt. Neben der absurden Geschwindigkeit Diawusies offenbart sich ein weiteres Problem für die Paderborner. Sobald ein Außenverteidiger überspielt wird, sichert der ballnahe Innenverteidiger aggressiv durch. Damit öffnet sich die zentrale Bahn, oder ein Gegenspieler im Rückraum wird, wie beim Tor zu sehen, nicht beachtet.
Das zweite Tor fiel durch eine Ecke, bei der ein Mismatch aus der Paderborner Raumdeckung resultierte. Am Ende der perfekten Hereingabe befand sich Robin Krauße (179cm) im Duell gegen Steven Ruprecht (191cm), der Ausgang war wenig überraschend.
Nach den ersten beiden Treffern zeigte sich bei der Heimmannschaft ein weiterer Aspekt, nämlich das enorm dynamische Kontern nach Ballgewinnen im Mittelfeldzentrum. Dabei starten die 4 Offensivkräfte variable Laufwege in den Rücken der Abwehr und werden idealerweise vom Top-Vorlagengeber der Liga, Robert Andrich bedient. Diese Stärke wird wahrscheinlich der Grund dafür gewesen sein, dass Paderborn in seinen Angriffsphasen das Spiel durch die Mitte vermied.
In der zweiten Halbzeit ging Paderborn die Konzentration abhanden, nach jedem geklärten Langen ball erneut vorzurücken, ähnlich wie beim Rugby ließ sich die Paderborner Abwehr von den langen Schlägen hinten festmachen, die Lücken zwischen Abwehr und Mittelfeld wurden sogar für Krauße zu groß. Der SVWW reagierte geschickt und suchte einen zurückfallenden Stürmer oder Andrich in diesen Räumen. Sobald diese sich aufdrehen konnten, hatten sie enorm viel Zeit, um einen Pass auf einen der durchstartenden Mitspieler (also Diawusie), zu spielen. Dieser dominierte das Duell gegen Herzenbruch so lange, bis dieser nach seinem verschuldeten Elfmeter geschützt und ausgewechselt wurde.
Letzte Anpassungen
Paderborn wechselte noch van der Biezen ein, um eine weitere Anspielstation in der Spitze zu schaffen. Das funktionierte gegen die schwächer werdende Wehener Defensive zwar, allerdings blieben die Angriffe zu sehr auf die Flügel konzentriert. Letztendlich gelang dem Gast noch der glückliche Anschlusstreffer nach einer abgewehrten Ecke, dies sollte aber nichts als Ergebniskosmetik bleiben.
Fazit
Der Sportclub zeigt ein Spiel, das besser ist als das Ergebnis. Die Anpassungen im Aufbauspiel und das weiterhin mächtige Angriffspressing, sind trotz der aktuellen Schwächephase ein Indiz für baldig bessere Ergebnisse. Vor allem, wenn der Gegner keinen Diawusie hat.
3 Kommentare zu „Gute Ansätze werden überrannt“