Im Hinrundenfinale traf der SC Paderborn auf die zuletzt ebenfalls formschwache, viertplatzierte Fortuna Köln. Was auf dem Papier wie ein ausgeglichenes Spitzenspiel wirkte, enwickelte sich zu einer eindeutigen Angelegenheit.
Mannschaftsaufstellungen

Der SC Paderborn startete aus einer 4-1-3-2/4-4-2 – Grundordnung, in welcher der genesene, zweitbeste Scorer (7 Tore, 10 Vorlagen) Srbeny als hängende Sturmspitze zurückkehrte. Wassey spielte in diesem System grundsätzlich höher als sein Mittelfeldpartner Krauße. Fortuna Köln trat mit einem gerade in der Defensive dezimierten Kader in einer schwer zu identifizierenden, „flexiblen“ 5-2-1-2/5-4-1 – Formation an. Insbesondere Kessel zeigte sich sehr variabel und wich verschiedentlich aus.
Offensive Paderborn, Defensiv-Chaos Fortuna

Direkt zu Beginn konnte Fortuna mit einem aggressiven Angriffspressing und Anlaufen des ballführenden Spielers überraschen. Die 5 offensivsten Kölner sowie der ballnahe Außenverteidiger ballten sich auf ca. 20×20 Metern, die Stürmer Keita-Ruel und Dahmani schnitten die horizontalen Verbindungen ab, sobald der Spielaufbau auf die Seite gedrängt wurde.
Die Paderborner Abwehrreihe hatte erhebliche Probleme sich aus dieser Umklammerung zu lösen, es folgten einige Ballverluste in seitlichen Zonen, welche von Köln nicht verwertet werden konnten. Falls man sich aus der Situation löste, dann nur mit langen Bällen. Anfangs rückte die Fortuna allerdings kollektiv in eine kompakte 3-4 Staffelung zurück, Paderborns Sturmduo war dagegen in einer krassen Unterzahl und fand entsprechend keine Lösung.

Glücklicherweise, möchte man sagen, hielt diese Sturm- und Drangphase nicht sonderlich lange durch, bereits nach wenigen Minuten fiel Köln in ein passiveres Pressing zurück. Dieses „System“ zeichnete sich dadurch aus, dass es vollkommen unorganisiert und lethargisch ausgeführt wurde, sodass es bereits in der Anfangsviertelstunde Szenen gab, welche eher an Kreisligafußball erinnerten. Fortuna schien schlichtweg keine Anhaltspunkte zu haben, an denen sich das Pressing orientieren sollte.

So fand sich Keita-Ruel oftmals in einer rechtsseitig versetzten Position wieder, aus welcher Strohdiek angelaufen werden sollte. Sobald dieser allerdings den Ball erhielt, erfolgte das Pressing ohne jegliche Intensität. Die Mitspieler zogen sich derweil in vom Gegner unbesetzte tiefere Mittelfeldpositionen zurück. Dadurch erzeugt man weder Handlungsdruck, noch schließt man mögliche Passoptionen.
Währenddessen blieb die Fünferkette der Gäste extrem breit, versuchte mitunter auf der gesamten Breite des Platzes zu verteidigen. Durch die großen Abstände der einzelnen Spieler untereinander gab es große Schnittstellen, welche von Paderborn bespielt werden konnten.

Im weiteren Verlauf der Partie verweigerten Fortunas Offensivspieler geradezu das Abwehrverhalten, blieben stattdessen in hohen Positionen stehen. Da die Kette ebenfalls keine Mechanismen hatte, geordnet und abgesichert hervorzurücken, öffneten sich riesige Räume im Rückraum.
Paderborner Instrumentarium
Eine derart schwache Defensive eröffnet der angreifenden Mannschaft natürlich eine Vielzahl an Möglichkeiten Torgefahr zu erzeugen. In der Folge sollen einige der Paderborner Methoden erläutert werden.
In allen Angriffen war der Versuch einen idealerweise flachen Ball in den Rücken der Abwehr zu spielen. Dieser wurde gerade von Michel, der oft im richtigen Moment seinen Sprint startete, exzellent antizipiert. Srbeny zeigte unter anderem beim Paderborner Führungstreffer seinen Wert für das Team. Ein ums andere Mal spielte er präzise, gut getimte Steilpässe und verlängerte hohe Bälle.
Diese hohen, langen Bälle waren gerade in der ersten halben Stunde, vermutlich noch im Eindruck des Kölner Angriffspressing, die bevorzugte Methode der Paderborner. Aus der Innenverteidigung wurde der Ball zu einem der Außenverteidiger gebracht, der wiederum alle Zeit der Welt hatte, um einen Pass zu wählen.
Die Anschlussoptionen daran waren vielfältig. So konnte Srbeny als häufigster Zielspieler den Ball ablegen, verlängern, oder erst annehmen und aufdrehen. Michel sowie die beiden Flügel boten ständig Läufe in die Tiefe und in die Schnittstellen der Kölner Kette an.

Allerdings zeigte sich insbesondere in der ersten Halbzeit die Tendenz dazu, flache Staffelungen im Angriff zu bilden. Da sich drei der vier Offensivkräfte in die Tiefe orientierten, gab es oftmals keine Präsens im Rückraum. Die Angriffe wurden dadurch ausrechenbar, da es keine anderen Optionen als den direkten Pass in die Tiefe gab. Zudem bestand so keine Struktur für ein geordnetes Gegenpressing.
Dies fiel durch die ebenfalls nicht existente Struktur der Kölner zwar kaum ins Gewicht, ist allgemein aber eine schlechte Angewohnheit.

Im weiteren verlauf der Partie fanden die Paderborner ein gutes Mittel, um dieses Problem zu beheben. So kam Antwi-Adjei auf dem linken Flügel entgegen und startete mit dem Ball horizontale Dribblings vor der Abwehr. Die Kölner waren, wie gesagt chaotisch in ihrem Herusrücken, weshalb sich dadurch noch größere Schnittstellen ergaben. Da „Jimmy“ (Antwi-Adjei) bereits tief war und Srbeny oftmals zurückfiel, war die Struktur deutlich ausgeglichener.

In der zweiten Halbzeit sicherte Köln noch schlechter ab, sogar die Flügelverteidiger blieben nach den Angriffen meist vorne. Die Paderborner Angriffe wurden dadurch wieder direkter, gegen die relativ langsame Innenverteidigung war es schlichtweg auch nicht nötig, etwas anderes als Longline-Bälle auf Jimmy oder Michel zu spielen.

Lobend zu nennen ist zudem der junge Rechtsverteiger Lukas Boeder, der volle 90 Minuten seine beste Alaba-Impression ablieferte. Wie aufgezogen sprintete er den Flügel lang und kombinierte mit Zolinski. Falls dieser mit dem Ball nach Außen ging, vorderlief Boeder, wählte Zolinski ein Dribbling nach innen, so hinterlief er.
Diese Kombination brachte eine enorme Dynamik ins Paderborner Spiel, da die Verteidigung unter erheblichen Entscheidungsdruck bei der Verteidigung gestellt wurde. Wer greift Zolinski an? Wer nimmt Boeders Lauf auf? Sind wir überhaupt schnell genug? Köln fand so kein Mittel gegen das Alaba-Ribery-Gedächtnis-Duo.
Kölner Offensive

Die Foruna konnte auch in diesem Spiel in Ansätzen zeigen, warum sie die drittbeste Offensive der dritten Liga hat. Bei Abschlägen fokussierten die Kölner in einer sehr aufgerückten und geballten Struktur zweite Bälle. Diese konnten sie aufgrund ihres Größenvorteils einige Male gewinnen.
Paderborn verteidigte die Abschläge in einer engen 4-1-4-1-Struktur, auffällig war dabei die Rolle von Srbeny, welcher sich auf die Achterposition neben Wassey fallen lies, um seine Körpergröße bei den hohen Abschlägen einzubringen.

Sobald der Ball behauptet wurde, gab es gerade in den Halbräumen sehr dynamische und kreative Kombinationen mit sehr spontanen und variablen Laufwegen. Zudem zeigte sich die technische Klasse der Offensivabteilung, Pässe kamen auch auf dem schlechten Untergrund flach und scharf in den Lauf der Mitspieler.
Fazit
Trotz durchaus vorhandener Ansätze in der Offensive, war das Kölner Abwehrverhalten zu dilettantisch, um gegen irgendein Team in der dritten Liga zu punkten, geschweige denn gegen den Herbstmeister. Dieser konnte sich, abgesehen von einigen zu flachen Staffelungen und ausrechenbaren Angriffen wieder von seiner besten Seite zeigen. Mit Srbeny kam die Dynamik und Effektivität im Bespielen von Schnittstellen wieder.
Letztendlich steht zum Abschluss der Hinrunde ein noch zu tief ausgefallener Sieg, sogar einige Kölner Fans mit denen ich sprach, sagten im Hinblick auf die vielen vergebenen Chancen, dass auch 10 Tore möglich gewesen wären.
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