Am 27. Spieltag trafen mit Münster und Paderborn zwei SCPs aufeinander. Zwei Vereine, die sich trotz ähnlicher Namen in konträren sportlichen Situationen befinden. Beim SCP befand man sich vor dem Spiel auf dem 15. Platz und somit immer noch in relativer Nähe der Abstiegszone, während der SCP (also der richtige) mit einem Spiel Rückstand auf Magdeburg vom zweiten Platz grüßte.
Das Momentum der beiden Teams hingegen schien in die entgegengesetzte Richtung zu weisen. Während Münster unter dem neuen Trainer Marco Antwerpen in die Erfolgsspur zurückgefunden hat, schien der Paderborner Erfolgszug zuletzt eher zu entgleisen. Nach dem guten Start in die Rückrunde holt man aus den letzten drei Spielen nur zwei Punkte, die beste Offensive der Liga erzielte dabei nur ein mageres Tor.
Das Spiel wurde dem Narrativ absolut gerecht. Die Münsteraner Mannschaft war vortrefflich auf die Paderborner Gäste eingestellt (im Gegensatz zum Stadion) und konnte das Spiel über weite Strecken kontrollieren. Der SC Paderborn brauchte nach dem frühen Rückstand durch Grimaldi erneut einen Platzverweis, um die eigene Leistung auf das gewohnte Niveau zu bringen und letztendlich das Tor zum 1:1-Endstand zu erzielen.
Mannschaftsaufstellungen

Die Paderborner begannen das Spiel in ihrer üblichen 4-4-2/4-1-3-2-Staffelung, überraschender zeigte sich hingegen die personelle Besetzung. So begann Klement, seines Zeichens zentraler Mittelfeldspieler auf dem Flügel, während Zolinski, eigentlich Rechtsaußen, ins Sturmzentrum ging.
Münster formierte sich, anders als zuletzt gesehen, in einer 4-1-4-1-Formation, die im Pressing sehr kompakt und intensiv agierte,
Von gutem Scouting
Marco Antwerpen und sein Trainerteam scheinen den SC Paderborn in den vergangenen Wochen sehr genau beobachtet zu haben. Während Paderborn im Wesentlichen den gleichen Stiefel wie immer runterspielte, zeigte Münster wie noch keine Mannschaft zuvor perfekte Reaktionen auf die Paderborner Muster. Zwei dieser Anpassungen sollen im Folgenden dargelegt und diskutiert werden.
Beispiel Pressing
Paderborn agiert im Spielaufbau sehr weiträumig: die Innenverteidiger schieben breit auseinander, die Außenverteidiger stehen direkt an der Seitenlinie. Während letztere es gewohnt sind, sich aktiv an der Linie anzubieten und immer einen offenen Passwinkel zu finden, ist dieses Verhalten bei den Paderborner (und wohl auch meisten anderen) Innenverteidigern nicht allzu ausgebildet.

Münster nutzte dies, indem Grimaldi im geordneten Angriffspressing klar zwischen den Innenverteidigern verblieb. In dieser Position konnte er den Passweg zustellen und Druck auf den Torwart machen, sollte dieser angespielt werden (siehe Tor). Darüber hinaus befand sich Krauße innerhalb seines Aktionsradius, sodass er auch ein solches Anspiel belauern konnte.
Nun ist es nicht wirklich außergewöhnlich, dass ein Stürmer den zentralen Passweg zwischen den gegnerischen Innenverteidigern blocken soll. Der SCP begegnet dieser Taktik jede zweite Woche. Erst in Verbindung mit den anderen Positionierungen und Bewegungen lässt sich die Qualität des Münsteraner Ansatzes erklären.
So wurden gerade auf der schwächeren linken Paderborner Seite bogenförmige Läufe von Flügelspieler Hoffmann eingesetzt, bei denen LV Hartherz im Deckungsschatten gehalten wurde. Der rechte Achter bewegte sich dafür etwas nach außen.
Strohdiek konnte durch das Anlaufen von (aus seiner Perspektive) vorne links nicht zu einem Dribbling ansetzten. Der Passweg in den offensiven Halbraum wurde vom Münsteraner Achter belauert, ein Chipball auf Herzenbruch ist wenig erfolgsversprechend.
Übrig blieben also im Wesentlichen drei Optionen: die hohe und damit langsame Verlagerung auf Schonlau, sowie das Anspiel des selbigen über Krauße und/oder Zingerle. Die beiden letzteren Optionen haben natürlich ihre Probleme.
Zingerle wurde, wie oben angedeutet, sofort vom ohnehin sehr nah bei ihm stehenden Grimaldi angelaufen. Auch Krauße blieb in seiner Position, zwischen den Münsteraner Achtern und Grimaldi, nur wenig Zeit und Fehlertoleranz. Gerade Aufdrehen war quasi unmöglich, es blieb nur die berechenbare Weiterleitung auf Schonlau.

Wenn dieser den Ball erhielt, wandelte sich das Verhalten Münsters. So blieb der Flügelspieler tief und Schonlau wurde durch den geringen Druck zu einem Vorwärtsdribbling verleitet. Sobald er dieses ansetzte, erzeugte Grimaldi von hinten kommend Druck, und verschloss gleichzeitig die Ausweichoptionen zu Strohdiek oder Zingerle.
Der ballnahe Achter verengte gemeinsam mit dem Linksaußen die potenziell offene Schnittstelle im Halbraum, während die ballfernen Spieler der Mittelfeldkette mitschoben, um Kompaktheit zu bewahren. Offen blieb hingegen der Pass auf Boeder, dieser jedoch war ein Signal für die nächste Phase des Pressings.

Es schoben unmittelbar alle Spieler weit auf die Seite, insbesondere der Sechser bewegte sich weit auf die Seite, um den präferierten Paderborner Diagonalpass zuzustellen. Klements eingerückte Positionierung vereinfachte Preußen das Spiel weiter, da er sich im gleichen Passwinkel bewegte wie Zolinski und nicht für vertikale Longline-Bälle zur Verfügung stand.
Die ballferne Seite war zwar komplett offen, aber praktisch nicht anspielbar. Der Ball ging entweder ins Aus, oder an einen der Münsteraner Verteidiger.
Beispiel Schnellangriff

In gleichem Maße zeigte sich die gute Vorbereitung auch in Angriffsmustern, z.B. zur Nutzung des Raumes hinter einem herauspressenden Außenverteidiger.
Zur Vorbereitung dieser Angriffe postierte sich Preußen in einer flachen Viererkette, durch welche die pressenden Paderborner auseinandergezogen werden sollten. Davor bewegte sich der rechte Achter Rizzi in den äußeren Halbraum, während Hoffmann vor ihm eine engere Position wählte.
Wenn das Anspiel auf Rizzi gelang, presste Herzenbruch weit heraus, konnte das Aufdrehen aber kaum verhindern. Gleichzeitig startete Hoffmann einen Sprint in den geräumten Bereich hinter dem Paderborner AV, in welchem er aufgrund seines dynamischen Vorteiles einfach angespielt werden konnte.
Ansonsten attackierte Münster, in Vermeidung der Paderborner Angriffspressings, oft mit langen Bällen auf Grimaldi, die dieser gegen die spärliche Besetzung des zentralen Mittelfelds einige Male zielbringend verarbeiten konnte.
Man könnte in gleicher Form noch andere Abläufe im Münsteraner Spiel nennen, die eins verbindet: Sie waren perfekt auf das Paderborner Spiel zugeschnitten.
Fazit
Zum wahrscheinlich ersten Mal in dieser Saison war der SCP seinem Gegner, auch taktisch, klar unterlegen. Zu den bekannten Schwächen (nachzulesen in allen Analysen) gesellte sich ein starker und gut angepasster Gegner. Dass es dennoch zu einem Punkt gereicht hat, lässt sich mit der nachlassenden Kondition Münsters zum Spielende erklären.
Das Pressing konnte nicht mehr so aggressiv, intensiv und kompakt durchgeführt werden, wie noch zuvor, Unkonzentriertheiten in der Positionsfindung erlaubten es dem Paderborner Mittelfeld, zentral Lücken zu finden und zu bespielen.
(P.S. Wer noch mehr über die Paderborner Taktik erfahren möchte, kann mich im aktuellen PaderCast hören)
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