Am 30. Spieltag der Saison konnte sich der SC Paderborn nach einer knappen, taktisch schwachen Partie mit 2:0 gegen den FSV Zwickau durchsetzen. Das Spiel war dabei geprägt von Inkonsequenzen und Unkonzentriertheiten auf beiden Seiten. Gerade der SCP ließ dabei die spielerischen Tugenden der Saison komplett vermissen.
Mannschaftsaufstellungen
Der SC Paderborn veränderte seine Startaufstellung im Vergleich zur Partie bei Hansa Rostock auf vier Positionen. Joker Michel kehrte ebenso erwartungsgemäß in den Sturm zurück wie Jimmy auf die linke Seite und Klement ins (zentrale?) Mittelfeld. Für sie mussten Zolinski, Yeboah und Wassey weichen. Überraschender erfolgte der Wechsel in der Linksverteidigung. Jamilu Collins ersetzte Herzenbruch, der in der Rückrunde jede Minute bestritten hatte.
Mit diesen Spielern bildete der SCP ein etwas skurrile 4-1-2-3/4-1-3-2-Mischformation, bei der Klement zwischen rechtem Mittelfeld und linker Acht pendelte. Gleichzeitig befanden sich noch weitere Spieler in Hybridrollen wieder: Tietz bewegte sich irgendwo zwischen Sturmspitze und rechtem Flügel, überließ diesen aber zumeist Boeder, der oft in vorderster Reihe agierte.
Paderborner „Plan“
Das Ziel dieser Paderborner Ausrichtung war es vermutlich, die Zwickauer Defensive (die beste der Rückrunde) durch ständige Positionswechsel zu verwirren und so Lücken zu öffnen, während man durch die eingerückten Positionierung von Klement zentrale Präsenz bewahrt.
Diese Strategie wirkt auf dem Papier durchaus passend, um den FSV zu knacken. Dieser nämlich agiert mit starken Mannorientierungen im zentralen Mittelfeld, die Sechser Könnecke und Frick verfolgten ihren Gegenspieler sehr eng, ohne dabei die in ihrem Rücken geöffnete Lücke im Auge zu behalten (von Paderborn stark besetztes Zentrum offen).
Gleichzeitig blieben die Flügelspieler eher tief und somit nah an den eigenen Außenverteidigern, begaben sich lediglich bei Anspiel auf den jeweiligen Paderborner Außenverteidiger ins Pressing (von Paderborn vernachlässigte Flügel versperrt).
Paderborn kam allerdings gar nicht dazu, die theoretischen Anpassungen auf dem Platz auszuspielen, das Problem lag dabei in erster Linie in der ersten Linie. Nachdem ich in der Vorwoche noch die kollektive Paderborner Positionsfindung lobte, war sie gegen Zwickau schlichtweg unterirdisch.
Ritter zeigte sich zu präsent im Aufbauspiel und bewegte sich dafür zu tief, gleichzeitig fehlte er in höheren Zonen. Bei ihm fehlte ebenso wie bei den anderen Mittelfeldspielern die Bewegung, um anspielbar zu werden. Gerade vertikales Kreuzen mit dem freien (aber meist im Rücken seiner Mitspieler befindlichen) Klement hätte die Mannorientierungen knacken und ein Anspiel ins Mittelfeld ermöglichen können.
Da dies (und ähnliches) ausblieb, musste Zingerle meist auf lange Bälle zurückgreifen, welche in Anbetracht des Freiraums vor der Abwehr absurderweise in den Rücken dieser gespielt wurden. Der Ball rutschte so zwar wenige Male durch (unter anderem beim Tor), ging aber meistens an den Gegner. Insbesondere auf der linken Seite zeigte sich Schröter so dominant im Zweikampf gegen Jimmy, dass dieser auf die rechte Angriffsseite wechselte… ohne Erfolg.
Paderborner Abwehrchaos
Einen Effekt hatte der Seitenwechsel von Antwi-Adjei dann doch noch. Die ohnehin schon wirre Paderborner Ordnung wurde bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Eine vermeintliche Offensivstruktur hat natürlich nicht nur offensiv Auswirkungen, vielmehr stellt sie auch das Fundament für das defensive Umschalten und die folgende Abwehrarbeit dar.
Das Abwehrbollwerk war auf Sand gebaut.
Schließlich hatte Paderborn überall auf dem Feld kleine und große Lücken, die dafür sorgten, dass man nie Druck gegen das opportunistische Zwickauer Aufbauspiel herstellen konnte. Man wurde einfach überspielt und musste hinterherlaufen, natürlich nicht in seine übliche Position.
Marlon Ritter agierte so zeitweise als Links-, Jimmy als Rechtsverteidiger. Klement stand in der Innenverteidigung und Tietz auf dem rechten Flügel… ach nein, das war ja geplant… anscheinend… wenn man das einen Plan nennen kann. (Mal ehrlich, wer kam eigentlich auf die Schnapsidee, Tietz rechts(außen) spielen zu lassen?)
Zwickau konnte gegen dieses Pressing einfach Raumgewinn verbuchen und das Spiel schnell bis an den Strafraum treiben. Dort fokussierten sie, quasi als Gegenentwurf zu Paderborn, Verlagerungen auf den ballfern breiten und isolierten Flügelstürmer (meist Bentley Bexter Bahn), der wiederum Flanken auf die zentral sehr aktive Doppelspitze ansetzen sollte.
Jamilu Collins und Boeder (oder wer auch immer gerade meinte, Außenverteidiger zu sein) machten allerdings einen guten Job, sodass die Flanke nur selten den Weg in die Mitte, geschweige denn einen Abnehmer fand. Die Verteidigung erfolgte dabei allerdings nicht immer sauber. Unzählige Male prallte der Ball ins Toraus und sorgte somit für eine Ecke.
Bei diesen versuchte der FSV, die mangelnde Strafraumbeherrschung von Zingerle auszunutzen, indem man, nach skurrillen Ausgangspositionen, mit fünf oder sechs Spielern den Fünf-Meter-Raum besetzte, in welchen die Bälle scharf geschlagen wurden. Nahezu jede Ecke sorgte dabei für Gefahr, entweder direkt über einen Kopfball, oder indirekt aus Zingerles Händen gerutscht.
Fazit
Es fasst letztendlich die ganze Kuriosität dieses Spiels zusammen, dass nicht Zwickau, sondern Paderborn aus einem Eckball den Führungstreffer erzielte.
Dieses änderte nicht viel am Ablauf der Partie, sorgte aber für ein weiteres Kuriosum: defensive Auswechslungen von Steffen Baumgart. Der Fakt, dass Sebastian Wimmer in der Schlussphase eingewechselt wurde, um Kopfballduelle zu gewinnen, dürfte für jeden Paderborner Fan ein Zeichen darstellen, dass es sich nicht um ein durchschnittliches Spiel handelte, sondern um ein grottenschlechtes.
Das Fußball-Phrasenschwein sagt, dass man auch solche Spiele gewinnen muss, um Erfolg zu haben. Ich würde sagen, dass man keinen Erfolg haben kann, wenn man zu oft solche Spiele bestreiten muss.