Am 31. Spieltag ging es für den SC Paderborn zum Bremer Weserstadion. Genauer gesagt dann aber doch nicht. Kurz bevor man die Arena erreichte, bog man links ab und landete auf dem angeblich ebenso „legendären“ Platz 11 der Werder-Trainingsanlage.
Dieser beheimatet nicht die zuletzt stark aufspielende Bundesliga-Mannschaft, sondern die U23. Eine zweite Mannschaft, die, anscheinend zum Ausgleich des Aufwärtstrends im Oberbau, zuletzt 26 (!!!) Spiele in Folge sieglos blieb und wenig überraschend auf dem letzten Platz liegt.
Obwohl die Ausgangslage klar vorgezeichnet war, tat sich der SCP in der ersten Halbzeit schwer und kam zu keiner nennenswerten Torchance, wären Bremen immerhin einige Halbchancen hatte. Zur zweiten Hälfte erhöhte Paderborn die Schlagzahl und traf einige taktische Anpassungen, bis Werder nur noch wenig entgegenzusetzen hatte. Durch Treffer von Klement und dem überragenden Jimmy endete das Spiel 0:2 und wurde letzendlich zur 27. sieglosen Partie in Serie.
Mannschaftsaufstellungen

Im Vergleich zum Sieg gegen Zwickau nahm Steffen Baumgart keine Änderungen in der Startaufstellung vor. Formativ bleib es ebenfalls beim Alten, der SCP staffelte sich in einer 4-1-3-2 Grundordung, bei der Klement oft den Weg in die Mitte suchte.
Beim SV Werder Bremen II gab es ebenfalls wenig Anlass zum Wechsel. Lediglich Barry kam neu ins Team und übernahm den rechten Flügel in der 4-4-2-Grundordnung.
1. Halbzeit
Nachdem ich in den vergangenen Wochen wiederholt die Unterschiede zwischen den einzelnen Halbzeiten der Paderborner Spiele eingeschränkt habe, stellte die Partie in Bremen ein absolutes Gegenbeispiel dar. Während man in der ersten Halbzeit Probleme in allen Spielphasen hatte, konnte man in der zweiten durchweg dominant und erfolgreich agieren.

Die Probleme begannen bereits im Paderborner Pressing. Gegen die 2-4-4-artige Bremer Aufbaustruktur versuchte man, das Spiel auf die Seite zu leiten. Dafür attackierten die beiden Stürmer die Bremer Innenverteidigung, während sie die Sechser in ihrem Deckungsschatten zu halten versuchten. Die Dreierreihe hinter ihnen pendelte auf Höhe des gegnerischen Mittelfelds und nahm dort situative Mannorientierungen auf.
Um eine Überzahl gegen das Paderborner Pressing herzustellen, bildete Bremen situative Torwartketten. Wenn ein Bremer IV unter Druck kam, der Horizontalpass zu seinem Partner aber verstellt oder dieser in Manndeckung genommen wurde, wurde der Rückpass zum Torwart gewählt.

Infolgedessen fielen die Innenverteidiger auf dessen Höhe zurück und fächerten weiter auf. Eigentlich hatte man so die Möglichkeit, einen Pass gegen die Dynamik des auf den Torwart durchpressenden Paderborners zu spielen, da sich die IVs durch ihr Zurückfallen aus dem Deckungsschatten heraus bewegten. Nach diesem Pass hätte der Innenverteidiger Zeit gehabt, anzudribbeln und eine 3v2 Überzahl auf der linken Seite zu schaffen.
Allerdings ließ Oelschlägel (in Anbetracht des unmittelbaren Drucks verständlich) Ruhe und Übersicht vermissen und schlug den Ball nach vorne, wo bei Bremen keine übermäßig gute Struktur zum Gewinnen der zweiten Bälle vorlag. Beim Schauen des Spiels wurde ich das Gefühl nicht los, dass Zingerle diese Situationen anders gelöst hätte.
Paderborn konnte den Ball zwar meist klären, verursachte durch Unkonzentriertheiten aber immer wieder Einwürfe oder Freistöße. Während letztere, hoch in den Strafraum geschlagen, direkt zu Chancen führten, wurde das Spiel bei ersteren von beiden Teams enorm verengt, sodass keine Mannschaft sich sauber lösen konnte.
In diesen Phasen wurde noch ein weiterer Aspekt deutlich: Wie Krauße im Halbzeitinterview anmerkte, ließ der SCP die Aggressivität im Pressing und Zweikampfverhalten, gerade vor der eigenen Abwehr, vermissen.
Da die Räume neben Krauße nominell offen sind, ist es umso wichtiger, dass seine Mitspieler dort unterstützen und frühzeitig zurückpressen. Paderborn löste den Mangel von Rückwärtspressing über weite Teile der Saison durch überaggressives Vorwärtspressing der Innenverteidiger, schraubte dies seit dem Spiel gegen Rostock aber merklich zurück.
Dies führte dazu, dass Bremen in der ersten Halbzeit zu viel Zeit und Raum erhielt, Angriffe aus dieser gefährlichen Zone zu kreieren.
Offensiv wurde Paderborn zu einem Opfer seines eigenen Positionsspiels. Während die Abwehr sich, wie üblich mit breiten Innen- und hohen Außenverteidigern formierte, blieb auch Jimmy immer breit, während Klement etwas zurückgezogener einrückend agierte.
Da dieses Einrücken in der letzten Partie zum positionellen Chaos beitrug, war klar erkenntlich, wie es nun balanciert werden sollte. Wann immer Klement in die Mitte ging, nahm Ritter eine breite Position am Flügel ein, um die Struktur zu erhalten. Tendenziell erscheint mir diese Lösung sinnvoller als die Mutation Tietz‘ zum Flügelspieler, allerdings verfehlte das Einrücken somit seinen Zweck.
Während die Bremer Flügelspieler und Stürmer sich an ihren Konterparts in der Paderborner Viererkette orientierten und somit ebenfalls recht breite Positionen einnahmen, tat die Doppelsechs es ihnen gleich und agierte mannorientiert gegen die beiden Spieler, die sich im Paderborner Mittelfeld rumtrieben.

Mit der Zeit wurde klar, dass „Mannorientierung“ ein zu schwaches Wort für ihr Verhalten darstellt. Wagner und Kruska verfolgten ihre Gegenspieler nach einer Viertelstunde überall hin. Wenn Krauße nach rechts ging, kam Kruska mit, wenn er hoch schob, fiel auch Kruska zurück, wenn er mit Ritter kreuzte, kreuzte auch Kruska mit Wagner.
Die einzige Übergabe erfolgte dann, wenn Klement ins Zentrum kam und Ritter breit ging. Wagner verfolgte nun nicht mehr Ritter „bis aufs Klo“, sondern Klement. Da die Bremer Verteidigung auch ansonsten sehr unkompakt war, erschien es mir geradezu komödiantisch, dass man keinen Weg fand, sich stabil durchzuspielen… schließlich lag die Antwort auf der Hand.
2. Halbzeit
Fußball ist taktisch ein recht komplexer Sport, als Trainer hat man nur selten unmittelbaren Einfluss auf den Spielverlauf. Doch manchmal ist es so einfach: in der Halbzeitansprache genügten zwei Sätze, um das Spiel zu kippen.
„Marlon, geh weiter nach links und bleib zentral, auch wenn Phillip in die Mitte zieht. Lockt den Gegner ins Zentrum und verlagert dann auf Jimmy.“
Bremen unterstützte die beiden manndeckenden Sechser nicht kollektiv. Sobald sich Klement in die Mitte begab, fühlte sich kein anderer Spieler für ihn zuständig. Da Paderborn nun mit drei Spielern das Zentrum besetzte, Bremen aber nur mit zweien manndeckte, war immer jemand frei anspielbar.
Krauße, Ritter und Klement konnten sich den Ball entspannt zuspielen und nach vorne bringen, was die Bremer dazu zwang, enger zu verteidigen. Daraufhin packte der SCP ein von mir vielbeschworenes Mittel aus: Spielverlagerungen.
Jimmy hatte durch den engen Gegner nach einer schnellen Verlagerung genug Platz auf der Außenbahn, um den Ball anzunehmen, aufzudrehen und Eggersglüß im 1 gegen 1 auszunehmen. Nahezu jeder Angriff lief in der zweiten Hälfte über die linke Seite, und nahezu jedes Dribbling war erfolgreich.
Es war somit auch alternativlos, dass Jimmy nicht nur den Führungstreffer durch Klement vorbereitete, sondern seine Leistung auch durch einen überragenden Distanzschuss zum 2:0 krönte. Ein zweites Saisontor, dass sich sehen lässt.
Da sich Paderborn auch im Rückwärtspressing aktiver und abgestimmter zeigte, und nach Ballgewinn jeglichen Druck auflösen konnte (s.o.) lief Werder nur noch hinterher… zumindest für einige Minuten. Dann merkte man ihnen die Frustration und Lustlosigkeit zunehmend an. Die langen Wege zurück wurden später und langsamer bestritten, Paderborn erhielt Platz und ließ den Gegner folglich noch mehr laufen.
Letztendlich stellte Bremen auf ein 4-1-4-1 um, in dem die numerischen Verhältnisse im Zentrum ausgeglichen wurden. Paderborn konnte sich dennoch positionelle Überlegenheiten herausspielen, da die Achter ungeschickt agierten. So presste Bremen aus seinem Mittelfeld mit drei Mann auf einer Linie Boeder, der aber durch einen einfachen Diagonalpass Ritter finden konnte.
Fazit
Im letzten Spiel kritisierte ich noch die Paderborner Positionsfindung, wenn Klement einrückt. Dieses Mal wurde das Mittel in der zweiten Hälfte deutlich konsequenter eingebunden und passender eingesetzt. Nicht nur bewegten sich Klement und Ritter geschickter, der Gegner agierte passender.
Während Zwickau Anspiele auf den halbrechten Klement durch Herausrücken des AV und Einrücken des Flügelspielers begegnete und zudem Jimmy doppelte, fand Bremen keine Antwort.
Mit dem Sieg kann der SC Paderborn den ersten Platz zementieren und die weiterhin stark punktenden Verfolger auf Abstand halten. Für Werder Bremen II sieht es hingegen düster aus. Mit 13 Punkten Rückstand auf das rettende Ufer bei 7 verbleibenden Spielen dürfte auch die letzte Hoffnung auf den Klassenerhalt geschwunden sein.