Wie vom Kommentator der Partie gut vermerkt, stellte das Pokalachtelfinale für beide Teams eine Abwechslung zum tristen Ligaalltag dar. Die Meidericher konnten die trübe Realität um Platz 17 aus dem Kopf kriegen, während auch der SCP das enttäuschende letzte Zweitligaspiel vergessen machen konnte.
In einem umkämpften Spiel ergaben sich für beide Mannschaften gute Chancen, die allesamt nicht genutzt wurden. Stattdessen wurden die Tore aus recht willkürlichen Situationen erzielt. Souzas Drehschuss, der durch Ratajczak tunnelte wurde von einem 127km/Hammer von Tekpetey und einem Schuss von der äußeren Strafraumkante durch Pröger überboten, bevor Jimmy nach einem Konter das einzige Tor aus einer Chance zum Paderborner Sieg erzielte.
Mannschaftsaufstellungen
Auf Meidericher Seite ergab sich trotz nur zweier Wechsel, Verhoek und Wiegel waren für Iljutchenko und Haji in die Aufstellung gekommen, durchaus ungewöhnliche Spielerkonstellationen zu bestaunen. Der junge Koreaner Seo spielte als Linksverteidiger, wodurch Kevin Wolze auf den Flügel schob, dort aber wesentlich tiefer agierte als die enorm offensive Doppelacht aus Souza und Nielsen. Auf der rechten Seite begann mit Engin ebenfalls ein recht offensiver Spieler, während Schnellhardt die alleinige Sechs in der 4-1-4-1-Formation übernahm.
Auf Paderborner Seite blieb bei drei Wechseln, Ratajczak, Hünemeier und Gueye für Zingerle, Strohdiek und Zolinski, taktisch alles wie gewohnt. Aus der Viererkette, welche von Collins, Schonlau und Dräger komplettiert wurde, schob letzterer in allen Phasen des Spiels hoch. Im Mittelfeld zeigten sich die Rollen von Klement und Vasiliadis flexibel, wenngleich ersterer natürlich den Dreh- und Angelpunkt der Offensivspiels darstellt. In der Offensivreihe agierte Pröger taktisch diszipliniert und trotz weniger Abstimmungsprobleme auch am Ball selbstbewusster, während Tekpetey als freies Radikal über weite Phasen im Zentrum, entscheidend aber auf dem linken Flügel zu finden war. Zuletzt fanden sich im Sturmzentrum Gueye und Michel wieder, dessen Party weiterging.
Rechter Haken mit Haken
Paderborn verbuchte in dieser Partie 60 Prozent des Ballbesitzes, entsprechend soll an dieser Stelle mit dieser Spielphase begonnen werden. Während Paderborn sich von Anfang an klar in seiner 2-4-4-Ballbesitzstaffelung mit hochgeschobenen AV einfand, brauchten die Zebras etwas, um die konfusen Defensivstaffelungen der Anfangsphase, im Besonderen mit eng manndeckendem zentralen Mittelfeld und dahinter, quasi als Sechser sichernden Flügelspielern, abzulegen, und ins Spiel zu kommen.
In der Folge nahm man aus der grundlegenden 4-1-4-1-Staffelung, bei der sich Souza neben Nielsen auf der Acht einfand, enge Mannorientierungen auf. Souza deckte durchgehend Klement, während Nielsen sich an Vasiliadis, Wolze und Engin sich an den beiden Außenverteidigern orientierten. Verhoek sollte als alleiniger Stürmer Horizontalpässe zwischen den Innenverteidigern vermeiden und das Spiel auf einer Seite halten.
Das gelang zwar relativ gut, allerdings ergaben sich für den MSV andere Probleme. Während man mit etwas Chaos in der Anfangsphase noch extremen Druck auf die Innenverteidiger aufbauen und dadurch lange Bälle erzwingen konnte (manchmal auf links, wo Michel mit Tekpetey kreuzte, damit letzterer in die geöffnete Schnittstelle gehen konnte oder meistens ins Zentrum, wo Gueye seine Größe gegen Nauber behaupten sollte), gelang dies in den klareren Orientierungen kaum noch. Ganz im Gegenteil konnte Paderborn situativ den durch Herauspressen Nielsens geöffneten und durch die tiefe Position Schnellhardts auch nur spät zu deckenden Vasiliadis recht einfach finden.
Viel häufiger noch befreite sich Paderborn gänzlich ohne Pässe aus tieferen Aufbauphasen. Insbesondere Wolze verfolgte Dräger in so tiefe Zonen, dass Schonlau ohne jeglichen Druck durch die nun offene Flügelzone andribbeln konnte.
Wann immer Paderborn vorrückte und den Ball an der Mittellinie kontrollieren konnte, wurde das Duisburger Pressing, gerade im Zentrum passiver. Klement konnte sich nun etwas weiter zwischen die Innenverteidiger fallen lassen und von dort ohne Verfolgung den Ball verteilen. Paderborn kam aus geordneten Angriffen weiterhin nur schlecht vertikal durchs Zentrum, die Achter schlossen dieses zumeist über ihren Deckungsschatten.
Der SCP musste somit aus dem defensiven Zentrum über den Flügel attackieren. Auf der rechten Seite vollführten Dräger und Pröger zu diesem Zwecke gegenläufige Bewegungen. Ersterer ging zumeist steil und zog damit Wolze mit, während sich letzterer auf den Ball fallen ließ. Die Unklarheit, ob Wolze Dräger verfolgt oder ob Seo auf Pröger herausrückt schaffte letzterem die nötige Zeit, um Aktionen ins Zentrum vorzutragen. Der Übergang in dieses fiel aufgrund der etwas höheren Positionen, vor allem aber der Mannorientierungen der Achter leicht. Im Zentrum angelangt konnte einer der vielen Distanzschüsse, oder aber eine Kombination über die Stürmer auf Klement eingeleitet werden.
Noch mächtiger zeigten sich Angriffe aus dem Zentrum auf Tekpetey, wenn dieser breit am linken Flügel blieb. Während Wiegel lediglich die innere Bahn schloss, versuchte auch Engin, nun zurückfallend, nur kaum Druck auszuüben. Da er stattdessen ebenfalls die Mitte abdeckte, konnte Tekpetey beide Gegner durch eine Körpertäuschung und anschließende Bewegung in die Mitte aussteigen lassen, wo er vor dem Strafraum angelangt unmittelbar und mit beträchtlicher Qualitätsbandbreite schoss.
Über diese klar erkennbaren Muster hinaus gab es viele eher improvisierte Angriffe über behauptete lange Bälle oder, wie eben angemerkt, nach inversen Aktionen vom rechten Flügel. Tekpetey wich hier häufig ins Zentrum, während Michel auf den linken Flügel auswich.
Zuletzt gab es in der Schlussphase der Partie eine extreme Menge an Paderborner Kontern. Nach der Einwechslung Zolinskis reichte Paderborn ein Pass in den Zwischenlinienraum (Duisburg agierte nun in einem 4-4-2 ohne zentralen Sechser) und die folgende Ablage, um einen 5v4 Überzahlangriff zu spielen. Während man einen strategisch vergleichbaren, wenngleich taktisch, nach Einrücken Drägers ins Zentrum, fundamental anderen Angriff zum dritten Tor fortführen konnte, verlief man sich bei allen guten Konterchancen. Neben Schüssen aus weiten Entfernungen wurden nun auch Angriffe aus schlechten Lagen effektiver als aus guten.
Ein Hauch Guardiola
Bei allen Ausführungen über das Paderborner Angriffsspiel soll nicht vergessen werden, dass die taktisch interessantere, wenn auch schlechtere, Mannschaft zweifelsohne in Zebrastreifen anzutreffen war.
Nachdem er im Hinspiel der Liga gegen den SCP bereits mit unterschiedlichen Außenverteidigerrollen experimentiert hatte, führte Torsten Lieberknecht diesen Versuch auch gegen Paderborn fort. Die Außenverteidiger wechselten dabei situativ zwischen zwei Positionen. In Phasen tiefen Ballbesitzes und insbesondere bei Abstößen ließ sich Seo (seltener und weniger erfolgreich Wiegel) breit neben die Innenverteidiger fallen. Wegen dieser tiefen und breiten Position wurde der Weg für Pröger lang, sodass Seo genug Zeit zum Aufdrehen und zur nächsten Aktion hatte.
Während diese zumeist in einem langen Ball bestand, gab es eine Szene, in welcher überaus passend reagiert wurde. Infolge des Passes auf Seo ließ sich Wolze, vom linken Flügel soweit zurückfallen, dass er im nahen Halbraum durch die Schnittstelle zwischen Pröger und Gueye anspielbar wurde, aufdrehen und den Ball nach vorne treiben konnte. Souza bewegte sich währenddessen breit an den Flügel in die Tiefe, wo er zwar angespielt werden konnte, aber vom Abseits gestoppt wurde.
Dieser Angriff in der dritten Spielminute war zwar nicht von Erfolg gesegnet, stellte aber dennoch die erste Aktion von Souza dar. In der folgenden Spielzeit wurde er meines Erachtens und wahrscheinlich zum Unmut vieler Paderborner, zum stärksten und einflussreichsten Spieler auf dem Platz.
Der Einfluss begann bereits bei langen Bällen, keineswegs seine Musterdisziplin. Anstelle tief zu bleiben setzte er stets einen steilen Laufweg zwischen die Innenverteidiger an, wodurch er den ihm nächsten Paderborner Sechser mitziehen konnte, um dem nun gegenläufig zurückfallenden Verhoek einen Vorteil zu schaffen. Währenddessen wurden die Innenverteidiger durch den Tiefenlauf gebunden und konnten ihren körperlich unterlegenen zentralen Mittelfeldspielern nicht zur Hilfe kommen.
Darüber hinaus besetzte Souza bei seitlichen Ballgewinnen stets den durch das breite Gegenpressing der Paderborner bei Gleichzeitigem Hochbleiben der Flügelspieler verwaisten „ballfernen“ Mitte, wo er nach Erhalten des Balles zu kurzen Dribblings und fulminanten Schüssen ansetzte. Beide Lattentreffer entstanden in unmittelbarer Folge eines solchen Angriffs – Flügel – Anspiel in ballferne Mitte – Souza.
Das Lob für den Einen geht natürlich mit Kritik an anderen einher. In letzterem Beispiel wird anschaulich, dass Klement und Vasiliadis die Bedrohung durch Souza unterschätzen und entsprechend nur sehr langsam zurücklaufen. Dieser kann somit nicht nur ein mal ohne Druck an den Ball kommen, sondern den Ball, nachdem er auf den Flügel herauslegt hat, wiedererhalten und in den Strafraum spielen. Da ein vergleichbares Verhalten im Paderborner Mittelfeld keine Einzelheit war, frage ich mich, ob der Grund nur in wiederholter fehlerhafter Wahrnehmung, oder aber tiefer liegt.
Zu Beginn dieses Kapitels habe ich von zwei verschiedenen Rollen gesprochen, die die Außenverteidiger eingenommen haben. Die erste, zurückfallend, wurde schon beschrieben, die zweite hingegen war in der ersten Hälfte nur in Ansätzen zu erkennen, dafür aber in den längeren Ballbesitzphasen im Rückstand der späten zweiten Hälfte allgegenwärtig. Torsten Lieberknecht ließ seine Außenverteidiger in höherem Ballbesitz nämlich auf Höhe der Paderborner Mittelfeldlinie eingerückt agieren.
Durch diese Position sollten die Paderborner Flügelspieler eng gebunden werden, um Passwege auf die breiten Wolze und Engin spielen zu können, die diese wiederum in die Tiefe verarbeiten sollten. Anders als bei Mannschaften wie Manchester City agierten die Achter dabei nicht im Zwischenlinienraum, sondern ballnah sofort steil gehend. Im Prinzip hat man eine gute Möglichkeit diesen Laufweg auszunutzen, wenn der Pass nach außen gut genug ist – ist er dies jedoch nicht, gerät er zu weit in den Rücken, zu tief oder zu langsam, kann nicht nur der Laufweg aufgenommen, sondern vor allem der Passwinkel durch den herauspressenden Außenverteidiger abgedeckt werden.

Genau so geschah es in diesem Spiel. Die Pässe nach außen waren zu vorhersehbar, langsam und weit in den Rücken gespielt, Collins und Dräger konnten frühzeitig herausrücken und einen Steilpass verhindern. Wie so häufig in dieser Partie zeigte auch auf Duisburger Seite die prinzipiell vielversprechendere Variante weniger Erfolg als mehr oder weniger stumpfe lange Bälle.
Fazit
Ein Spiel voller Widersprüche. In der ersten Halbzeit gibt es gute Chancen, aber keine Tore. Paderborn vergibt beste Konter und Schüsse im Strafraum, um aus der Distanz zu treffen. Duisburg spielt mit einer vielversprechenden Struktur im Ballbesitz – und gewinnt doch mehr aus chaotischen Situationen.
In all diesen Unwägbarkeiten jedoch bleibt ein Muster – Der SCP ist zum zweiten Mal in Folge im Viertelfinale des DFB-Pokals!
Ein Kommentar zu „Keine Konter und drei Tor“